Mitten in der Kalahari, der südlichsten Halbwüste Afrikas, leben bis heute Menschen, deren Vorfahren zu den ältesten Bewohnern des Kontinents zählen. Den San, so werden sie genannt, ist es gelungen, Traditionen, Wissen und Handwerk über Jahrtausende zu bewahren – unaussprechlicher Schandtaten, die ihnen seitens kolonialer Eroberer und schlecht gesinnter Nachbarn widerfahren sind, zum Trotz.
Bei einem Besuch in Namibia und Botswana kannst Du diese mit allen Wassern gewaschenen Menschen kennenlernen, die bildschöne Natur ihres Lebensraums erkunden und von den reichen Überlieferungen lernen, die ihnen ihre Ahnen hinterlassen haben.
Kalahari, so sagt man, ist eine Falschschreibung des eigentlichen Namens dieser beeindruckenden Region: Kgalagadi. Das Wort, das die Kolonialmächte nicht richtig zu schreiben vermochten, bedeutet in der Sprache Setswana so viel wie „großer Abstand“. Jeder, der die Kalahari besucht, wird nicht lange brauchen, um festzustellen, dass damit nur die unendliche Weite der Dornstrauchsteppe gemeint sein kann. Denn lange Wege müssen hier tatsächlich zurückgelegt werden, um auf Menschen, Tiere oder Bäume zu stoßen.
Zwischen Namibia, Botswana und Südafrika liegt sie, umgeben vom gleichnamigen Kalahari-Becken, welches sich doppelt so groß bis nach Angola und Sambia erstreckt. Ihre Natur ist geprägt von savannenartiger Vegetation und langen Ketten sandiger Dünen.
Das Pflanzen- und Tierreich ist trotzdem so vielfältig wie die Kalahari groß ist. Ganz im Norden versickert der Okavango im üppig grünen Delta. Weiter südlich sind vor allem Gräser und Akazien am Horizont zu erkennen. Wenn es zwischen Februar und April regnet, verwandelt sich die Wüste in eine grüne Oase. Davon profitieren die rund 320 Säugetier- und Vogelarten der Kalahari. Löwen mit charakteristischer schwarzer Mähne, Spießböcke, Leoparden und Geparden sind hier ebenso beheimatet wie Streifengurus, südafrikanische Kuhantilopen und Zebras.
Nationalparks wie der grenzüberschreitende Kgalagadi-Park sorgen dafür, dass die außergewöhnliche Tier- und Pflanzenwelt sowie die vielen Schätze der Kalahari geschützt werden.
Kalahari - Quelle: canva
Inmitten der kargen und gleichzeitig reichen Umgebung leben die San. Ihr Name ist eine Bezeichnung für verschiedene ethnische Gruppen im südlichen Afrika. Der negativ behaftete Begriff lässt sich mit „jene, die etwas vom Boden auflesen“ übersetzen und ist eine Fremdbezeichnung. Diese wurde einst von den Angehörigen der benachbarten Khoekhoe eingeführt und ist heute in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.
Die San werden seit dem 17. Jahrhundert häufig auch als San-Buschleute bezeichnet, was in vielen Kreisen ebenfalls als kritisch empfunden wird.
Eine übergeordnete Bezeichnung in ihren eigenen Sprachen haben die San allerdings nicht. Stattdessen identifizieren sie sich über ihre jeweilige Gruppe, wie die ǃKung, ǀXam, Nǁnǂe, Kxoe, Haiǁom, Ncoakhoe, Tshuwau, Gǁana, Gǀui und andere.
Die San waren ursprünglich Halbnomaden, welche die Weiten des südlichen Afrikas als Jagdgebiete und für das Sammeln essbarer Pflanzen nutzten.
Ihre Geschichte reicht länger zurück als die der meisten anderen Kulturen, die heute auf der Erde existieren. So wurden Werkzeuge, die mit denen der heutigen San fast identisch sind, im Border Cave in Südafrika gefunden. Die Gegenstände wurden auf 42.000 v. Chr. datiert.
Niederländer und Briten, die ab dem 18. Jahrhundert das südliche Afrika okkupierten, setzen den Menschen schwer zu. Sie wurden versklavt, gejagt und getötet. Die Zahl ihrer Angehörigen umfasst infolge dieser grausamen Epoche daher heute nur noch einen Bruchteil von der, die das südliche Afrika vor der Ankunft der Europäer bewohnten.
Im 20. Jahrhundert sahen sich die Menschen gezwungen, ihren halbnomadischen Lebensstil aufzugeben. Von der Regierung implementierte Modernisierungen führten dazu, dass die San aus ihren Gebieten in Angola, Sambia, Simbabwe und Lesotho in die Kalahari verdrängt wurden.
Quelle: canva
Gegenwärtig existieren nur noch rund 100.000 San. Nicht alle können es sich erlauben, auf die traditionelle Weise ihrer Vorfahren zu leben. Viele sind daher als Arbeiter auf Farmen beschäftigt oder gehen anderweitiger Lohnarbeit nach, um zu überleben.
Diejenigen, die sich ihre ursprüngliche Lebensweise bewahren konnten, haben sich als Jäger und Sammler über Jahrtausende an die kargen Lebensbedingungen der Kalahari angepasst. Gejagt wird mit Speeren sowie mit Pfeil und Bogen, gesammelt werden Wurzeln und Beeren.
Während es Sand in der Kalahari im Überfluss gibt, ist Wasser ein rares Gut. Die San haben daher eine raffinierte Methode entwickelt, das kostbare Nass aus dem trockenen Boden zu gewinnen. Dazu wird ein tiefes Loch dort gegraben, wo die Erde feucht ist. Ein langer, hohler Grashalm wird in das Loch eingeführt. Das Wasser wird, wie durch einen Strohhalm, aus dem Sand gesaugt und mithilfe eines weiteren Halmes in eine Straußeneierschale geleitet. So gelingt es den San auch in den abgelegensten Ecken der Kalahari auf das überlebenswichtige Gut nicht verzichten zu müssen.
Straußeneier dienten den San traditionell zu vielen weiteren Zwecken. So nutzten sie die Schalen der Eier als eines der ältesten Zahlungsmittel. Hierfür wurden die Schalen in kleine Stücke zerteilt, geschliffen und mit einem Loch in der Mitte zu einer Kette miteinander verbunden. Die San verwendeten das Zahlungsmittel im Austausch mit anderen ethnischen Gruppen, und die Nutzung dieser Perlen ist bis ins 7. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen. Bis heute werden die Perlen per Hand gefertigt und gelten etwa in Namibia als sehr wertvoll.
Die San-Völker sind bekannt für Ihre Höhlenmalereien in Südafrika und Botswana. Die Vorfahren der San haben mit Abbildern von Jägern, nicht-menschlichen Wesen und Mischwesen aus Tier und Mensch kunstvoll die Wände der dortigen Höhlen verziert.
Das bisher älteste Werk wurde in der Blombos-Höhle in Südafrika entdeckt. Es soll rund 73.000 Jahre alt sein. Eine mächtige Elenantilope wurde dort mit roter Farbe an die Höhlenwand gemalt.
Weitere Malereien der San wurden in den Tsodilo-Hügeln in Botswana gefunden. Die San-Kunstwerke und Malereien anderer Völker in der Hügelkette wurden im Jahr 1997 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.
Quelle: canva
Trotz ihrer relativ abgeschiedenen Lebensweise hat die ethnische Gruppe der San einige berühmte Persönlichkeiten hervorgebracht. Am bekanntesten dürfte der namibische Bauer Nǃxau ǂToma sein. Dieser hat durch seine Rolle im Film Die Götter müssen verrückt sein aus dem Jahr 1980 weltweite Berühmtheit erlangt. Darin spielt er den Buschmann Xixo, dem eine aus dem Flugzeug geworfene Colaflasche mitten in der Kalahari in die Hände fällt. Diese stiftet allerhand Unruhe unter den Einheimischen, die das unglücksbringende Ding schnell wieder loswerden wollen. Xixo wird daraufhin damit beauftragt, die Flasche so weit wie möglich wegzuschaffen. Sein Weg führt ihn durch kuriose Orte in Afrika, an denen er verrückte Erfahrungen mit der westlichen Zivilisation macht.
Das traditionelle Wissen der San ist reich. Sie nutzen, was die Natur um sie herum zur Verfügung stellt, um Krankheiten zu heilen, sich zu stärken sowie Haut und Haar zu pflegen. Eine Pflanze, die den San besonders nützliche Dienste geleistet hat, ist die Hoodia gordonii, eine blattlose Sukkulente, die appetitzügelnde Eigenschaften hat. Der zugrunde liegende Wirkstoff wurde von Pharmaunternehmen in ein Nahrungsergänzungsmittel verarbeitet. Die San erstritten sich mithilfe von Minderheiten-Verbänden in Südafrika Anteile an den zukünftigen Einnahmen am Patent für das pflanzliche Arzneimittel. Ein perfektes Beispiel für die Fusion von Tradition und Moderne, mit der viele der San heute konfrontiert sind.
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